Mehr Vertrauen für die Vorteile der Digitalisierung schaffen

Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer fordert einen "Data-for-Public-Interest"-Ansatz

Drei Fragen an Dr. Ulf Kämpfer
Oberbürgermeister der Stadt Kiel. 2017 hat er die Digitale Woche Kiel initiiert.

Herr Oberbürgermeister, Kiel setzt auf digitale Lösungen im Verkehr, zum Beispiel auf Bike- und Carsharing oder digitale Verkehrsleitsysteme. Was passiert mit den Daten, die dabei erhoben werden?

Theoretisch haben wir in der Tat eine Vielzahl von Daten, die das Verkehrssystem zu einer Art Reallabor für uns machen. Aber bislang sind diese sehr verstreut. Außerdem fehlt für ihre Auswertung oft die Rechtsgrundlage. Ich denke da zum Beispiel an Handydaten oder an die Daten aus Navigationssystemen. Das führt leider dazu, dass wir als Stadt viele Szenarien nicht auf Grundlage von Echtzeitdaten regulieren können, obwohl das technisch bereits möglich wäre. Dafür konzentrieren sich die Daten in den Händen einiger großer Unternehmen. Das halte ich für falsch. Hier geht es um Belange der Daseinsvorsorge und des Gemeinwohls – wir brauchen einen "Data-for-Public-Interest"-Ansatz.

Welche Rolle könnten Kommunen einnehmen, um den Umgang mit diesen Daten zu verbessern?

Eine Kommune müsste die Rolle der "ehrlichen Maklerin" übernehmen, also dafür sorgen, dass die Daten dem Gemeinwohl zugutekommen. Das kann dadurch passieren, dass die Kommune Vorgaben zur Nutzung der Daten macht. Wir könnten bei der Verkehrssteuerung zum Beispiel vorgeben, dass bei Staus die angezeigten Ausweichrouten nicht ausgerechnet an Kitas oder Pflegeheimen vorbeiführen. Oder die Kommune sitzt selbst am Hebel. Dann hat sie ein Monopol für die zentrale Verwertung und stellt die Daten für gemeinwohlorientierte Zwecke zur Verfügung. Diese Ansätze müssen wir diskutieren.

Unter anderem dafür hat die Stadt Kiel die Digitale Woche ins Leben gerufen. Dieses digitale Festival richtet sich an Fachleute aus Verwaltung und Tech-Szene, aber auch an die Kielerinnen und Kieler. Welche Rolle spielen dabei ethische Fragen?

Ethische Fragen spielen eine große Rolle. Viele unserer Bürgerinnen und Bürger haben Angst um ihre persönlichen Daten. Auf der Digitalen Woche haben wir die Gelegenheit, solche Befürchtungen zu thematisieren und Vertrauen für die Vorteile der Digitalisierung zu schaffen. Ich bin optimistisch, dass sich in den kommenden Jahren ein Wertekompass herauskristallisiert. Das ist ja bei früheren technischen Innovationen auch passiert. Die Gesellschaft ist lernfähig. Schlechte Erfahrungen gehören auf diesem Weg dazu. 

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