Rede von Bundesumweltministerin Steffi Lemke zur Demonstration "Bunt bewegt" in Dessau-Roßlau

24.01.2024
Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke
Steffi Lemke hat an der Friedensglocke in Dessau-Roßlau eine Rede gegen Rechtsextremismus in Deutschland gehalten.

Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Bürgerinnen und Bürger von Dessau-Roßlau,

es gibt derzeit Stimmen in unserem Land die sagen, diese Verfassung, das ist nicht unsere. Diese parlamentarische Demokratie ist nicht unsere.

In unserer Stadt, in unserem Land ist definitiv nicht alles perfekt. Aber wer dies zum Anlass nimmt das, was die Grundfesten unseres Landes sind, unserer Demokratie und unserer Zivilgesellschaft, nicht nur in Frage zu stellen, sondern zerstören zu wollen, um daraus politischen und ökonomischen Nutzen zu ziehen, dem sagen wir ein entschiedenes "Nein".

Wir sind Dessau-Roßlau. Wir sind die Stadt des Bauhauses. Das damals aus Weimar vertrieben wurde, das hier seine Aufnahme gefunden hat. Das in Dessau, in unserer Heimat, seine Blütezeit hatte, mit wahnsinnig progressiven Ideen – die weiß Gott nicht jeder damals gut fand. So ist das mit progressiven Ideen. Die sind manchmal eine Zumutung, solange sie neu und ungewohnt sind. Da drängen Veränderungen ins gewohnte Leben hinein und das mag man dann manchmal vielleicht nicht. Aber das Dessau als Heimat des Bauhaus diese Blütezeit erlebt hat, darauf bin ich stolz.

Und ich bin stolz darauf, dass wir die Stadt des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches sind. An der Elbe. Mit einem wahnsinnig progressiven Fürsten im 18. Jahrhundert, der damals quasi Revolutionen erzeugt hat. In der Landwirtschaft, der hier Jüdinnen und Juden Landbesitz ermöglicht hat, das Ausüben ihrer Religion ermöglicht hat.

Und ich bin wahnsinnig stolz darauf, in einer Region zu leben, in der eine Synagoge die Angriffe und die Zerstörungswut der Nazis überdauert hat. Weil damals mutige Menschen sich diesem Wahn entgegengestellt haben und unsere Synagoge in Wörlitz beschützt haben. Mutige Menschen aus der Bürgergesellschaft, um den Gartenbaudirektor Hallervorden damals, die nicht wussten, wie das ausgeht an diesem Tag. Und es war ein so positives Zeichen für unsere Stadtgesellschaft, dass im letzten Jahr – auch durch die Unterstützung aus der Zivilgesellschaft, der jüdischen Gemeinde selbstverständlich – eine neue Synagoge in Dessau-Roßlau eröffnet werden konnte. Das ist ein Zeichen, dass jüdisches Leben in Dessau nicht nur willkommen ist, sondern seinen Platz in der Mitte unserer Stadt hat. Dass es hier gewollt wird, dass wir sagen, wir wollen in Freiheit, in Toleranz und in Demokratie miteinander leben.

Die Gefahr, die von Rechtsextremisten ausgeht, ich bitte Sie, diese nicht zu unterschätzen. Das ist ein wirklicher Angriff auf unsere Gesellschaft. Es hat sich über viele Jahre aufgebaut. Es ist lange Jahre zu wenig dagegen getan worden. Aber jetzt stehen wir auf, stehen wir in so vielen Städten in Deutschland auf und stehen wir in Dessau und Roßlau auf und sagen: "Das ist unsere Heimat. Hier leben wir. Hier bleiben wir. Und zwar in Frieden, in Gemeinschaft, in Solidarität und in Freiheit!"

Und ich möchte noch ein letztes sagen: Dieser Marktplatz war 1989 der Schauplatz, als sich die Bürgerinnen und Bürger Dessau-Roßlaus aufgemacht haben und sich selbst ermächtigt haben, sich ihre Stadt, ihr Leben, ihre Freiheit, freie Wahlen und Demokratie zu schaffen. Und ich ganz persönlich, ich stand irgendwo dort hinten. Ich habe nicht geredet, ich war als junge Frau einfach hier und habe voller Freude und Mut und Zuversicht gesehen, was in meiner Stadt passiert ist, was hier möglich gewesen ist, wie die Engstirnigkeit hinweggefegt wurde.

Wir wussten damals auch nicht, wie es ausgeht. Wir hatten den Mut aufzustehen für Demokratie und Wahlen. Ich habe seit dieser Zeit, glaube ich, ein sehr, sehr wichtiges Verhältnis zur Demokratie. Wir haben sie uns erkämpft. Uns wurde sie nicht geschenkt. Und ich sage denen, die sie zerstören wollen, eines: Ich gebe das nicht wieder her, was wir hier 1989 in der Friedlichen Revolution geschaffen haben an Demokratie und Freiheit.

Vielen Dank.

24.01.2024 | Rede Ministerium
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