Arbeits- und Planungshilfe für den kommunalen Klimaschutz fertiggestellt

11.06.1997
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 24/97
Thema: Klimaschutz
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998
Bundesumweltministerin Merkel legt Leitfaden "Klimaschutz in Kommunen" vor - Neuer Förderschwerpunkt "Kommunaler Klimaschutz" geplant

Bundesumweltministerin Merkel legt Leitfaden "Klimaschutz in Kommunen" vor - Neuer Förderschwerpunkt "Kommunaler Klimaschutz" geplant

"In Städten und Gemeinden stehen erhebliche Potentiale zur Minderung von CO2und anderen Treibhausgasemissionen zur Verfügung. Einen Großteil der über 130 Einzelmaßnahmen, die die Bundesregierung zur Verminderung von CO2-Emissionen und anderen Treibhausgasemissionen beschlossen hat, gilt es hier umzusetzen. Städte und Gemeinden gehören für die Bundesregierung zu den wichtigen Akteuren für die Erreichung des nationalen CO2-Minderungsziels von 25 Prozent bis zum Jahr 2005. Angesichts des Stellenwertes der Kommunen für die Umsetzung der nationalen Klimaschutzpolitik der Bundesregierung habe ich mich entschlossen, im Rahmen des Investitionsprogrammmes zur Verminderung von Umweltbelastungen einen neuen Förderschwerpunkt "Kommunaler Klimaschutz" zu schaffen. Ziel dieses Förderschwerpunktes soll sein, Projekte zur Minderung klimaschädlicher Emissionen aus der Energienutzung, insbesondere im Strom- und Wärmebereich mit Mustercharakter für Städte, Kreise und Gemeinden zu unterstützen. Das Bundesumweltministerium wird gerade auch hierzu in Kürze das Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden suchen." Mit dieser Feststellung präsentierte Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel den durch das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) und dem Umweltbundesamt (UBA) erarbeiteten Leitfaden "Klimaschutz in Kommunen".

Das 665 Seiten starke Handbuch, in dem praktische Erfahrungen einer großen Zahl von Kommunen zusammengetragen wurden, enthält umfangreiche Fachinformationen sowie konkrete Praxisbeispiele zur Erarbeitung und Umsetzung von kommunalen Klimaschutzprogrammen.

Der Schwerpunkt der zahlreichen Maßnahmen zur Reduzierung der energiebedingten Schadstoff-emissionen, insbesondere von CO2, liegt im wesentlichen bei der Energieeinsparung und Verbesserung der Energieeffizienz sowie der Nutzung der erneuerbaren Energien.

Die Kommunen selbst verursachen in ihrem eigenen Gebäudebestand zwei bis fünf Prozent der lokalen CO2-Emissionen. Obwohl dieser Anteil relativ gering ist, muß der Reduktion von Emissionen in diesem Bereich aufgrund der Vorbildfunktion der Kommunalverwaltung für die Bürger eine vergleichsweise starke Klimaschutzrelevanz beigemessen werden. Weitere unmittelbare Handlungsmöglichkeiten haben die Kommunen in der öffentlichen Investitionsplanung (z. B. Verkehrswege, Grünanlagen) und der umweltfreundlichen Beschaffung. Die gezielte Anwendung planerischer Instrumente übt großen Einfluß auf die Qualität des örtlichen Baugeschehens aus, z. B. durch Festsetzung von Umweltzielen und Energiekennwerten in der Bebauungsplanung.

Einsparpotentiale der privaten Haushalte

Abgesehen beispielsweise von Industriestandorten liegen in allen Städten die größten Einsparpotentiale bei den privaten Haushalten, die in der Regel über 30 Prozent des lokalen Energieverbrauchs verursachen. Der Heizenergieverbrauch hat mit rund 80 Prozent den größten Anteil am Energieverbrauch des Haushaltssektors, deshalb ist es für die Kommunen von besonderer Bedeutung, gezielte Maßnahmen zur Beeinflussung des Energieverbrauchs in Haushalten sowie zur Förderung des energieökologischen Planens, Bauens und Sanierens umzusetzen. Die Handlungsmöglichkeiten zur Verkehrsreduzierung sind zwar eingeschränkt, der stetig steigende verkehrliche Energieverbrauch jedoch erfordert spezifische Maßnahmen seitens der Kommunen.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Gerade Kommunen und ihre Betriebe können Verhaltensangebote im Rahmen ihrer Aufgaben eröffnen und entsprechende Verhaltensalternativen aufzeigen. Kommunale Politik wird noch bürgernäher, wenn die Bürger aktiv in lokale Klimaschutzstrategien einbezogen werden. Es steht dafür eine breite Palette kommunikativer und partizipatorischer Instrumente zur Verfügung, um dieses Handlungspotential zu mobilisieren."

Die CO2-Bilanzierung in den Städten ist ein Hilfsmittel, kein Selbstzweck. Sie ermittelt die Emissionen an klimarelevanten Treibhausgasen, nennt idealerweise die Verursacher und die möglichen Minderungspotentiale. Sie soll die Kommune bei ihren Planungen unterstützen, Prioritäten aufzeigen und Entscheidungen begründen.

Besteht die Aufgabe der Bilanz darin, eine Grundlage für die Ermittlung von Minderungspotentialen oder Maßnahmenszenarien zu bilden, dann müssen diese Potentiale und Maßnahmen innerhalb der Bilanz auch quantifizierbar sein. Zahlreiche Kommunen greifen inzwischen auf Szenario-Modelle im Rahmen von Energie- und Klimaschutzkonzepten zurück. Die in der Tabelle 19 dargestellten Zahlen über absolute und relative Minderungspotentiale entstammen verschiedenen Studien und kommunalen CO2-Minderungskonzepten. Die Werte sollen einen tendenziellen Gesamteindruck geben.

Kommunales Energiemanagement schont das Stadtsäckel

Kommunales Energiemanagement umfaßt die Energieeinsparungen an städtischen Gebäuden und Einrichtungen. Kommunale Energiekosten können sehr hoch sein, da in "fetten" Jahren bei Bauvorhaben selten auf Folgekosten geachtet wurde. Die Energiekosten städtischer Einrichtungen werden aber innerhalb des kommunalen Vermögens- und Verwaltungshaushalts oft wenig beachtet, da sie nur etwa ein Prozent des Gesamthaushaltsvolumens betreffen.

Die Energiekosten in deutschen Städten und Gemeinden liegen, je nach Anzahl, Größe und technischer Ausstattung der städtischen Liegenschaften, zwischen 45 und weit über 100 DM/Ein-wohner. Die Durchschnittsenergiekosten in deutschen Kommunaleinrichtungen für Wärme und Strom von 60 DM/Einwohner auf die rund 80 Millionen Bundesbürger hochgerechnet, ergeben derzeit jährlich 4,8 Milliarden DM. Gut 25 Prozent wären durch Umsetzung der wirtschaftlichen Erngiesparmaßnahmen relativ kurzfristig einsparbar. Bei einem mittelfristigen Sparpotential von 40 Prozent, d.h. bei verbesserten Rahmenbedingungen, günstigerer Technik usw. könnten 1,9 Milliarden DM eingespart werden.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Kommunen mit lokalen Klimaschutzmaßnahmen erbringen nicht nur einen Beitrag zur Verringerung der globalen Klimagefährdung, sondern erreichen damit oft auch deutliche ökonomische Vorteile für die Kommune selbst: Intelligent betriebener globaler Klimaschutz muß nicht teuer sein!"

Systematische Energiesparinvestitionen im kommunalen Gebäudebestand bringen neben der Energieeinsparung auch erhebliche Senkungen der Energiekosten mit sich. Im Stromsektor, der mit beträchtlich steigendem Verbrauch und steigenden Kosten die öffentlichen Kassen belastet, sind Verbrauchsminderungen sogar bis zu 50 Prozent keine Seltenheit.

Beispiele aus der kommunalen Praxis

Daß Klimaschutz und Energieeinsparung nicht nur ökologisch Sinn macht, zeigt das Beispiel der Stadt Stuttgart. Mit jeder Mark, die in den letzten zwei Jahrzehnten von der Stadtverwaltung verbrauchsmindernd investiert worden ist, spart der Kämmerer mehr als 5,-- DM pro Jahr ein!

In Rottweil hat das Angebot von Energiedienstleistungen durch die Stadtwerke zu einem Austausch von normalen Glühlampen zu Energiesparlampen geführt. Damit konnte der jährliche Stromverbrauch zum Beispiel für die Beleuchtung von 10 Gaststätten um rund 110.000 kwh gesenkt werden. Unterstellt man die durchschnittlichen CO2-Emissionen der deutschen Stromerzeugung, so können allein durch diese kleine Maßnahme 72 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.

Ein vorbildliches Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen der örtlichen Industrie und einem kommunalen Stadtwerk ist das Industrieheizkraftwerk Konstanz. Hier wurde ein veraltetes kohle- bzw. schwerölbefeuertes Heizkraftwerk einer Stoffdruckerei durch eine moderne Kraft-Wärme-Kopplungsanlage ersetzt. Während der Wirkungsgrad des alten Kraftwerks nur bei rund 50 Prozent lag, werden nunmehr 76 Prozent des eingesetzten Brennstoffs energetisch genutzt. Die im Betrieb selbst nicht benötigte Wärme wird in das Netz der Stadtwerke eingespeist.

Daß energiebezogene Maßnahmen nicht nur zur Klimavorsorge beitragen, sondern auch andere Umweltbelastungen reduzieren, zeigt der Fall der Kooperation zwischen der Mannheimer Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft GmbH und Boehringer Mannheim. Durch eine optimale Abstimmung der Lieferungen aus dem öffentlichen Strom- und Fernwärmenetz mit der betrieblichen Strom- und Wärmeerzeugung sinkt der Ausstoß von Kohlendioxid ab 1997 um 10 Prozent, die Schwefeldioxid-Emissionen um 41 Prozent und der Ausstoß von Stickstoffoxiden um 32 Prozent. Gleichzeitig reduzieren sich die Energiekosten für den Industriebetrieb.

Aus Küchen- und Gartenabfällen wird in der Kompostgas-Vergärungsanlage in Burgberg neben Kompost auch Biogas gewonnen. Täglich fallen 2600 m3 Biogas an, mit denen 4800 kwh Strom und 9.000 kwh Wärme erzeugt werden. Pro Jahr werden damit rd. 180 Tonnen CO2 reduziert.

Eine Photovoltaikanlage, die gemeinsam von den Stadtwerken Bremen und der Bremischen Gesellschaft für Wohnungsbau betrieben wird, mindert die CO2- Bilanz Deutschlands um immerhin 362 Tonnen im Jahr. Der hierdurch erzeugte Strom reicht aus, um 65 Haushalte zu versorgen.

Eine Vielzahl derartiger Beispiele sind in dem Leitfaden enthalten. Demjenigen, der mehr über die genauen Bedingungen zur Umsetzung der einzelnen Maßnahme erfahren möchte, hilft er, indem er kompetente Ansprechpartner vor Ort nennt und gleichzeitig Adressen, Telefon- und Telefax-nummern aufführt.

Auf diesem Wege will der Leitfaden die Bürger, die kommunale Wirtschaft und die anderen gesellschaftlichen Gruppen zu eigenem Engagement im Klimaschutz motivieren. Dabei zeigen viele der im Leitfaden enthaltenen Beispiele, daß durch öffentliche Aufträge im Bereich Energieeinsparung die lokale Wirtschaft gefördert und qualifiziert wird.

Das Handbuch "Klimaschutz in Kommunen" ist erhältlich beim

Deutschen Institut für Urbanistik
Straße des 17. Juni 112
10623 Berlin
Telefon: 030/39 00 12 40.

11.06.1997 | Pressemitteilung 24/97 | Klimaschutz
https://www.bmuv.de/PM1376
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