Gläserner Beton

Aus der Praxis: EPD
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So geht umweltfreundliches Bauen: Die "Environmental Product Declaration" (deutsch Umweltproduktdeklaration) stellt Produktinformationen zur Nachhaltigkeit von Baustoffen in einem standardisierten Datensatz bereit. Das schafft Transparenz entlang der Lieferkette – und legt den Grundstein für das Zukunftsprojekt Produktpass.

Von Beton und Stahl über Stein und Holz bis hin zu modernen Dämmstoffen: Wer ein Gebäude umweltfreundlich bauen will, muss viele unterschiedliche Baustoffe im Blick haben. Denn diese unzähligen Einzelteile beeinflussen die Nachhaltigkeit des Gebäudes. Das stellt private Häuslebauer, Großinvestorinnen und Großinvestoren, Architektinnen und Architekten und Bauunternehmen vor ebenso viele Fragen: Wie weit sind die Transportwege des gewählten Holzes? Aus welchen Inhaltsstoffen setzt sich der Lack für die Türen zusammen? Welcher Dämmstoff bringt die größte Energieeffizienz? 

Eine Entscheidungshilfe bietet – aufbauend auf internationalen Standards – die Environmental Product Declaration (kurz: EPD). Mit EPDs stellt die Bauindustrie ganzheitliche Produktinformationen für die einzelnen Baustoffe digital bereit – von der Produktion über den Einbau bis hin zum Recycling. Die Baubranche reagierte mit der schrittweisen Einführung des EPD-Ansatzes vor rund 15 Jahren zum einen auf die steigende Nachfrage nach Informationen, um nachhaltig bauen zu können. Zum anderen gaben auch verschiedene Gesetzgebungen wie die EU-Richtlinie zur Gebäudeenergieeffizienz einen Anstoß zur Entstehung der EPDs. 

Vom Baustoff in die Breite

Einen solchen Datensatz soll es nach Plänen des Bundesumweltministeriums künftig nicht nur für Baustoffe geben. Auch Smartphones, Waschmaschinen und Co. könnten einen sogenannten Produktpass erhalten. Dieser soll relevante Informationen zu allen Produkten an einem zentralen Ort zusammenführen, um sie anschließend gezielt für die entsprechenden Nutzungsgruppen bereitzustellen.

In der Baubranche können somit schon heute zahlreiche Akteure entlang der Lieferkette von EPDs profitieren. Neben den Endverbraucherinnen und Endverbraucher versorgt sie auch Rohstoffproduzentinnen und Rohstoffproduzenten, Herstellerinnen und Hersteller und Recyclingunternehmen mit praktischen Informationen. Unternehmen beispielsweise können ökologische "Hotspots" entlang der Wertschöpfungskette identifizieren und ihre Produkte beziehungsweise Lieferketten im Sinne der Nachhaltigkeit optimieren. Entsorgungsunternehmen wiederum profitieren von Informationen über Wert- und Inhaltsstoffe der Bauprodukte.

Verlässliche Standards

Damit die gesammelten Informationen eines Baustoffes tatsächlich relevant für die einzelnen Akteure sind, wurde ein standardisierter Weg zur EPD eingeführt. In einem ersten Schritt formulieren dabei Industrieunternehmen und -verbände spezifische Anforderungen (Produktkategorie-Regeln) an die Deklaration. Denn innerhalb dieser Standardisierung muss zunächst für einzelne Produktgruppen individuell definiert werden, wie die Kriterien aussehen und welche Informationen wirklich benötigt werden. Werden diese nach Prüfung vom Programmbetreiber, dem Institut für Bau und Umwelt, sowie unabhängigen Dritten freigegeben, können interessierte Unternehmen in einem zweiten Schritt einen Antrag zur Produktdeklaration stellen und die entsprechenden Daten bereitstellen. Nach einer erneuten Prüfung durch Dritte veröffentlicht der Programmbetreiber die EPDs für die einzelnen Produkte. 

Der Weg des Dämmstoffs in die Datenwelt

Ein Beispiel: Möchte sich der Häuslebauer für einen geeigneten Dämmstoff entscheiden, ist nicht nur die Auswahl an Produkten groß, sondern auch die Unterschiede innerhalb der Produktgruppe. Styropor und Glaswolle etwa sind sehr unterschiedliche Materialien, trotzdem müssen sie ähnliche Kriterien erfüllen. Deshalb haben sich zunächst verschiedene Hersteller zusammengetan und vergleichbare Kriterien für ihre Produkte formuliert. Diese produktspezifischen Anforderungen sind im Anschluss vom Programmbetreiber sowie unabhängigen Dritten geprüft worden. Neben der Produkt-Ökobilanz beinhaltet die EPD für Dämmstoffe unter anderem eine Produktbeschreibung mit technischen Leistungsangaben, Verarbeitungshinweise, Angaben zur Nutzungsphase, zum Verhalten unter außergewöhnlichen Einwirkungen wie Brand und Feuchte sowie zu den Entsorgungs- und Verwertungsmöglichkeiten. Die gesammelten Informationen werden in Form der EPDs für alle Interessierten in verschieden Datenbanken öffentlich zugänglich gemacht.

Ein gutes Fundament für den Produktpass

Der systematische EPD-Ansatz, der aus einer Eigeninitiative der Bauindustrie heraus entstanden ist, könnte auch den Grundstein legen für einen allgemeinen Produktpass: Viele grundlegende Fragen zur Vorgehensweise und zum Prozess sind bereits geklärt. Der nächste Schritt auf dem Weg von der EPD zum Produktpass: das Grundprinzip der EPDs auf alle Produktgruppen ausweiten. Die verschiedenen Akteure müssten, so die Einschätzung des Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, durch gesetzliche Vorgaben dazu angehalten werden, konkrete Anforderungen auch für ihre speziellen Produkte zu entwickeln. Der Prozess könnte zum Beispiel über einzelne Industrieverbände geregelt werden oder aber über eine (teil-)staatliche Institution – ähnlich dem TÜV.

Eines Tages soll so der Produktpass für mehr Transparenz bei den Lieferketten möglichst aller Produkte sorgen. Und dann wissen die Häuslebauer nicht nur alles über die verarbeiteten Baustoffe und deren Umweltauswirkungen, sondern auch über die Produkte, die in ihre vier Wände Einzug halten: vom Kühlschrank über die Waschmaschine bis hin zum Smartphone.

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