Bundeskabinett verabschiedet zweiten nationalen Klimaschutzbericht Deutschlands

16.04.1997
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: Nr. 014/97
Thema: Chemikaliensicherheit
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998

"Deutschland spielt sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch weltweit eine führende Rolle im Klimaschutz. Dies zeigt der heute vom Bundeskabinett verabschiedete 2.Klimaschutzbericht Deutschlands. Die Freisetzung des wichtigsten Treibhausgases, CO2, konnte in Deutschland zwischen 1990 und 1995 um rund 12 Prozent vermindertwerden. Eine Reihe von Umständen, wie die strengen Winter 1995/96 und 1996/97 haben allerdings dazu geführt, daß die CO2-Emissionen von 1995 auf 1996wieder zugenommen haben. Dies führt zu einer Reduktion von 10,5 Prozent im Zeitraum von 1990 bis 1996. Deutschland gehört gleichwohl zu den wenigen westlichen Industriestaaten, denenes gelungen ist, die Freisetzung klimarelevanter Gase deutlich zu senken. Es besteht aber nicht der geringste Grund, uns auf unseren Lorbeeren auszuruhen. Nach den im Bericht wiedergegebenenAbschätzungen wird mit den bisher verabschiedeten Maßnahmen bis zum Jahr 2005 eine CO2-Minderung um eine Größenordnung von 15 Prozent erwartet. Esmüssen also noch erhebliche weitere Anstrengungen unternommen werden, um unser nationales Ziel - minus 25 Prozent bis 2005 gegenüber 1990 - zu erreichen. Der 4. Bericht derinterministeriellen Arbeitsgruppe CO2-Reduktion, der im Sommer vorliegt, wird hier weitere Aufschlüsse geben."

Dies erklärte Bundesumweltministerin Dr.Angela Merkel heute anläßlich der Annahme des 2. Berichts der Regierung der Bundesrepublik Deutschland nach dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen überKlimaänderungen durch das Bundeskabinett. Die Vorlage dieses Berichtes gehört zu den mit der Klimakonvention eingegangenen Verpflichtungen der Industriestaaten. Den 1. Bericht hattedie Bundesregierung im September 1994 verabschiedet.

Die nach ersten Abschätzungen registrierte Zunahme der CO2-Emissionen im Jahre 1996 ist zunächst auf einen Anstieg des Primärenergieverbrauchs um 3 Prozentgegenüber 1995 zurückzuführen. Der Zuwachs beruht darauf, daß auf das relativ warme Jahr 1995 mit 1996 ein überdurchschnittlich kaltes Jahr folgte. Ohne diesenTemperaturfall wäre der Primärenergieverbrauch unverändert geblieben. Nach vorläufigen Schätzungen betrugen die 1996 so "zusätzlich" verursachten Emissionen etwa18 Millionen Tonnen CO2. Ferner mußte ein Teil der Stromerzeugung aus umweltfreundlichen Wasserkraftwerken ersetzt werden durch Strom aus anderenEnergieträgern, die eine schlechtere CO2-Bilanz aufweisen. Grund für diese Maßnahmen war, daß das Jahr 1995 trockener ausfiel als 1996, so daßdie Wasserkraftwerke wegen schlechter Wasserführung sowohl im Inland als auch in der Alpenregion und Skandinavien keine idealen Bedingungen vorfanden. Der Anteil an der Stromerzeugungdurch Wasserkraftwerke sank in Deutschland von 5 auf 4 Prozent. Erstmals ist auch die Ausfuhr von Stromlieferungen aus Deutschland ins Ausland höher als die Einfuhr gewesen.

Die Zunahme der CO2-Emissionen bei kalten Witterungen zeigt, daß die von der Bundesregierung initiierten Maßnahmen zur Energieeinsparung imGebäudebereich, wie z. B. Wärmeschutzverordnung, Kleinfeuerungsanlagenverordnung oder die finanzielle Förderung von Wärmedämmaßnahmen im Gebäudebestand, einenSchritt in die richtige Richtung bedeuten. "Sanierungsmaßnahmen im Gebäudebestand bieten noch erhebliche Einsparpotentiale, die wir in Zukunft weiter nutzen müssen. Wirmüssen dahin kommen, daß ein kalter Winter für unsere CO2-Bilanz keine Rolle mehr spielen darf," erklärte Bundesumweltministerin Dr. AngelaMerkel.

Zum Inhalt des 2. nationalen Klimaschutzberichts:

Der Bericht stellt neben der aktuellen Emissionsentwicklung der Treibhausgase auch die Klimaschutzpolitik von Bund, Ländern und Kommunen dar. Er weist rund 130 Einzelmaßnahmen auf,die der Bund bisher zur Klimavorsorge ergriffen hat. Aktuelle Beispiele sind das am 18. März 1997 vom Bundeskabinett beschlossene 25 Mrd.-DM-Programm zur Verstetigungbeschäftigungsfördernder Investitionen, das erhebliche Effekte für die CO2-Minderung vor allem im Gebäudebereich erzielen wird, oder die seit Januar1996 geltende Eigenheimzulage für Niedrigenergiehäuser sowie den Einbau energiesparender und umweltfreundlicher Anlagen. Ferner gibt der Bericht einen Überblick überMaßnahmen der Länder und Kommunen sowie der Wirtschaft und weiterer gesellschaftlicher Kreise.

Ein gesondertes Kapitel widmet sich der spezifischen Situation Deutschlands nach der Vereinigung und der unterschiedlichen Emissionsentwicklung in den alten und neuenBundesländern:

Wesentliche Ursachen für den starken Rückgang der CO2-Emissionen in den neuen Bundesländern sind der wirtschaftliche Umstrukturierungsprozeß, derRückgang der Bevölkerung um rund 4 Prozent seit 1990, eine teilweise Verlagerung von Produktionsaktivitäten in die alten Bundesländer und der Bezug vieler Güternach der deutschen Vereinigung vor allem aus den alten Bundesländern und anderen Industriestaaten, eine zunehmende Verbesserung der Energieeffizienz und der Rückgang des Verbrauchsder CO2-intensiven Braunkohle.

So ging im Zuge des Strukturwandlungsprozesses in den neuen Bundesländern der Verbrauch der besonders emissionsintensiven Braunkohle von 1990 bis 1995 um nahezu zwei Drittel zurück.Der Anteil dieses Energieträgers am gesamten Primärenergieverbrauch fiel von fast 69 Prozent im Jahre 1990 auf nur noch knapp 38 Prozent im Jahre 1995.

Eine Vielzahl von Maßnahmen für die neuen Bundesländer ist eingeleitet worden, um den begonnenen Umstrukturierungsprozeß in allen Energiesektoren konsequent und nachhaltigvoranzubringen. So stieg das reale Bruttoinlandsprodukt in den neuen Ländern im Jahr 1994 um 8,5 Prozent und im Jahre 1995 um 5,6 Prozent, während gleichzeitig die CO2-Emissionen weiter gesunken sind.

Die erreichten CO2-Emissionsminderungen in den neuen Bundesländern wurden durch hohe wirt-schaftliche und finanzielle Leistungen, insbesondere auch aus den altenBundesländern, bewirkt. Neben privaten Investitionen sind hierbei öffentliche Finanztransfers in die neuen Bundesländer von zentraler Bedeutung. Der Nettotransferöffentlicher Finanzmittel in die neuen Bundesländer betrug im Jahr 1991 106 Mrd. DM, 1992 115 Mrd. DM, 1993 129 Mrd. DM, 1994 125 Mrd. DM, 1995 140 Mrd. DM und 1996 140 Mrd. DM. Einbeträchtlicher Anteil dieser Finanztransfers diente der Modernisierung der Wirtschaft einschließlich Maßnahmen zur CO2-Minderung.

Mit dem Prozeß der deutschen Vereinigung hat eine Verschiebung der CO2-Emissionen - bedingt durch den Bevölkerungszuzug in die alten Bundesländer - stattgefunden, der zu 90 Prozent durch die dort ergriffenen Maßnahmen zur CO2-Minderung kompensiert werden konnte. Dies ist ein bisher zu wenig beachteterEffekt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß die Güterversorgung in den neuen Bundesländern zu erheblichen Teilen von Herstellern in den altenBundesländern und im Ausland "übernommen" worden ist.

Durch die deutsche Einheit wurde eine wesentliche Voraussetzung für eine effizientere - und damit emissionsärmere - Energieversorgung geschaffen, die durch eine Reihe vongezielten - auch umweltschutzpolitisch motivierten - Maßnahmen, z. B.

  • Förderung der Kraft-Wärme-gekoppelten Fernwärme,
  • Förderung der Modernisierung der Wirtschaft,
  • Förderung der energetischen Sanierung und Modernisierung des Gebäudebestandes,
  • Förderung der Umstrukturierung der Beheizungssysteme,
  • Umsetzung der Verordnungen entsprechend Bundes-Immissionsschutzgesetz u.ä.

noch verstärkt worden sind.

Insgesamt ist festzustellen, daß die gesamtwirtschaftliche Effizienz der Energienutzung in den neuen Bundesländern zwischen 1990 und 1995 schon beträchtlich gesteigert werdenkonnte. Dennoch besteht nach wie vor ein deutlicher Rückstand gegenüber den alten Bundesländern: So waren im Jahre 1995 in den neuen Bundesländern die gesamtwirtschaftlicheEnergieintensität um fast 80 Prozent und die gesamtwirtschaftliche Kohlendioxidintensität sogar um knapp 140 Prozent höher als in den alten Bundesländern. Diesweist auf weitere große Rationalisierungspotentiale hin, bei deren Nutzung selbst ein kräftiges wirtschaftliches Wachstum in den neuen Bundesländern in den kommenden Jahrennicht zu einem steigenden Energieverbrauch und wieder zunehmenden CO2-Emissionen führen muß.

Der Bericht gibt auch eine erste Abschätzung der zukünftigen Entwicklungen der Treibhausgas-emissionen wieder. Danach ist mit den bisher eingeleiteten Maßnahmen eineMinderung der CO2 -Emissionen bis 2005 um rund 15 Prozent gegenüber 1990 zu erwarten. Ohne klimaschutzspezifische Maßnahmen würden die CO2 -Emissionen bis 2005 um etwa 3 Prozent zurückgehen. Diese Zahlen zeigen einerseits eindrucksvoll das bereits Geleistete, das weit über die an die Industrieländergestellten Anforderungen hinausgeht (die Klimakonvention fordert bisher lediglich eine Rückführung der Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990). Andererseitsweisen sie eindringlich auf die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen hin, um das nationale CO2-Ziel (25 %-Minderung in Deutschland bis 2005) zu erreichen.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Im Gebäudebereich, im Verkehrsbereich, in der Wirtschaft und bei den privaten Haushalten gibt es weitere Potentiale zur Energieeinsparung und CO2-Minderung. Wir alle müssen hier konsequent neue Wege beschreiten. Neben Energieeinsparung und rationeller Energienutzung - die häufig gleichzeitig auch denGeldbeutel schont - spielt die Energieerzeugung eine zentrale Rolle. Das bedeutet, daß wir auf die CO2-freie Stromerzeugung aus Kernenergie derzeit nicht verzichtenkönnen. Ferner möchte ich vor allem auch die erneuerbaren Energien nennen, die in Zukunft erheblich stärker zur Energieversorgung beitragen müssen. Dabei gilt es z. B., dieSteigerung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im neuen Energiewirtschaftsgesetz gebührend zu verankern und das Stromeinspeisungsgesetz weiterzuentwickeln."

Die Emissionsentwicklung im einzelnen:

Die Emissionen der verschiedenen Treibhausgase in Deutschland hatten im Jahr 1994 folgende Anteile an der Gesamtemission (in CO2 -Äquivalenten):

  • Kohlendioxid (CO2): 83,3 %
  • Methan (CH4): 9,4 %
  • Distickstoffoxid (N2O): 6,3 %
  • weitere, nicht im Montreal-Protokoll geregelte Treibhausgase (Schwefelhexafluorid (SF6), perfluorierte und wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe (FKW und H-FKW)): zusammen 1 %

Folgende Bereiche verursachten im Jahr 1994 die Freisetzung von Treibhausgasen (CO2 , CH4>, N2O, SF6, FKW undH-FKW zusammen, in CO2-Äquivalenten):

  • Energie (Energiewirtschaft, Verkehr, Industrie, Haushalte, Kleinverbraucher): 84,7 %
  • Prozesse in der Industrie: 5,7 %
  • Landwirtschaft: 5,7 %
  • Abfallwirtschaft: 3,8 %

Die Entwicklung der wichtigsten Treibhausgase zwischen 1990 und 1995 ergibt folgendes Bild (gerundet, vorläufig):

  • CO2: - 12 %
  • CH4: - 16 %
  • N2O: - 7 %

Die CO2-Emissionen in Deutschland betrugen 1990 und 1995 (nach Sektoren in Millionen Tonnen):

Gesamtemissionen 1990 1995 Anteil an Gesamtemissionen 1995 in %
1014,155894,5
energiebedingt986,6869,397,2
davon:
Energiegewinnung und -umwandlung439,4373,242,9
Industrie169,7126,814,6
Verkehr158,6170,719,6
Haushalte, Kleinverbraucher und Gewerbe198,1186,121,4
andere20,612,51,5


Die spezifischen CO2-Emissionen in Deutschland haben sich wie folgt entwickelt:

CO2 pro Kopf: 1990: 12,8 t/EW; 1995: 10,9 t/EW (starker Rückgang in den neuen Bundesländern, leichter Rückgang in den alten Bundesländern).

CO2 pro Einheit Bruttoinlandsprodukt (in Preisen von 1991):

1990: 364 kg/1000 DM,

1995: 296 kg/1000 DM.

Dies zeigt, daß trotz wirtschaftlichen Wachstums die CO2-Emissionen reduziert werden konnten (Entkopplung von Wirtschaftswachstum und CO2-Emissionen).

16.04.1997 | Pressemitteilung Nr. 014/97 | Chemikaliensicherheit
https://www.bmuv.de/PM1355
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